Dissoziation
Allgemeines über Dissoziation
Du hast das Gefühl in dir selbst zu versinken und kannst äußere Reize nur noch begrenzt wahrnehmen? Dann könntest du unter Dissoziationen leiden.
Hier erfährst du alles Wichtige über Dissoziation. Das Wichtigste aber jetzt schonmal: Auch wenn Dissoziation eine Erkrankung ist, gibt es viele Wege, damit umzugehen und wieder gesund zu werden! Du musst also keine Angst haben, dich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Was bedeutet Dissoziation?
Bei einer Dissoziation zerbricht das stabile Bild deiner eigenen Identität.
Dissoziationen sind eine Art Bewältigungsstrategie. Deine Psyche versucht, dich vor einer Belastung zu schützen. Sie "schaltet ab". Dissoziative Zustände treten als eine Reaktion auf traumatische Erlebnisse auf. Man nennt das auch "Konversionsstörung".
Bei Dissoziationen empfindest du deine Gedanken, Gefühle und andere Wahrnehmungen voneinander getrennt und kannst sie nicht mehr in ihrer Gänze wahrnehmen. Erinnerungen oder sogar ganze Persönlichkeitsanteile werden “abgespalten”. Menschen, die unter einer dissoziativen Störung leiden, können oft beschreiben, wie sie in die Dissoziation abgleiten, haben aber oft nur wenige Möglichkeiten, Dissoziationen zu verhindern.
Welche Symptome können bei Dissoziationen vorkommen?
Typische Symptome bei Dissoziationen sind ein Verlust des Identitätsbewusstseins, Erinnerungsstörungen und eine mangelnde Kontrolle über Körperbewegungen.
Dazu gehören:
unkontrollierte Körperbewegungen
Bewegungseinschränkungen
Überstreckung des Körpers
Verkrampfen der Arme und Hände
Wahrnehmungsstörungen
Sprachlosigkeit
Kontaktverlust mit der Umwelt
schnelles Ein- und Ausatmen (Hyperventilation)
Dissoziative Zustände führen kurzfristig zu einem Wegfall negativer Gefühle und Empfindungen. Diese Bewältigungsstrategie verhindert mittel- und langfristig, dass du lernst, dich mit Belastungen und Gefühlen auseinanderzusetzen und diese zu bewältigen. Es besteht die Gefahr, dass sie zunehmend häufiger und ausgeprägter auftreten. In Dissoziationen können keine neuen Inhalte gelernt werden und sind damit mittel- und langfristig keine Bewältigungsstrategie.
Wichtig ist, dass nur ein:e Fachärzt:in, -therapeut:in feststellen kann, ob du wirklich unter Dissoziationen leidest. Die Symptome von vielen psychischen Krankheiten sind ähnlich und für Betroffene schwer zu unterscheiden.
Was sind Ursachen für Dissoziationen?
Alle belastenden Ereignisse, die du nicht verarbeiten kannst, können ein Trauma sein. Eine Reaktion auf dein Trauma kann zu einer Dissoziation führen. Daher der Begriff: "Traumafolgestörung"
Die Ursachen für Dissoziationen sind also Ereignisse und Erlebnisse, die auch zu deinem Trauma geführt haben:
Drohende Gewalt
Körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt
Erkrankungen
Schwere Verlust- und Vernachlässigungserfahrungen
Schwere Unfälle
Naturkatastrophen
Krieg
Alle diese Erfahrungen hinterlassen schwere Verletzungen in deiner Seele und können dich ein Leben lang beeinträchtigen.
Was hilft bei einer Stigmatisierung von Dissoziationen?
Ähnlich wie bei Psychosen reagieren Leute zuersteinmal mit starker Irritation und Verwunderung oder sogar mit verletzenden Äußerungen. Ein "normaler" Umgang mit Menschen, die dissoziieren, ist eine besondere Herausforderung.
Diese Merkmale helfen dir und anderen:
Du hast dir deine Dissoziation nicht ausgesucht, weil du Lust darauf hattest.
Du musst dich vor niemanden dafür rechtfertigen.
Versuche dich abzuwenden und wegzugehen, wenn Menschen dir sagen, dass du selber Schuld bist.
Sprich nur mit wirklich vertrauten Menschen über das, was dir passiert ist.
Sprich aus, dass kleine Trigger eine große Wirkung bei dir auslösen können.
Sei ehrlich und sage, dass du dich von alleine nicht dagegen wehren kannst.
Dissoziationen sind keine Wahnvorstellungen und auch keine Psychosen.
Dissoziationen sind Zustände, in denen Personen in sich versinken und äußere Reize nur noch begrenzt wahrnehmen.
Dissoziationen lassen dein stabiles Bild deiner Identität zerbrechen. Daher die Bezeichnung "Dissoziation" (lat. für Trennung, Zerfall).
Je mehr Menschen sich trauen, über Dissoziationen zu reden, desto weniger müssen Betroffene unter Schamgefühlen leiden, weil sie denken, etwas mit ihnen sei nicht in Ordnung. Denn das stimmt so nicht! Du bist absolut in Ordnung so, wie du bist. Deine Dissoziationen sind es aber nicht.
Gibt es Tipps, wenn ich betroffen bin?
Diese Tipps können dir helfen, wenn du das Gefühl hast, du könntest unter Dissoziationen leiden. Probiere sie einfach aus, denn sie können dir nicht schaden! Wenn du jedoch merkst, dass sich deine Situation nicht verbessert, solltest du darüber nachdenken, dir unsere Hilfsangebote anzuschauen.
Grundsätzlich können folgende Tipps bei einer Dissoziation helfen:
Ein regelmäßiger Tagesablauf und gewohnte positive, kleine Aktivitäten, die dir gut tun
Eine klare Routine, die du jeden Tag durchführst, wenn du zum Beispiel aus der Schule oder aus der Uni kommst
Verzicht auf spontane Aktionen, die zu viel Input mit sich bringen
Treffen mit Freund:innen und etwas zusammen unternehmen, was dir vertraut ist
Darüber zu sprechen, was deine Trigger für eine Dissoziation sein können. Deine Freund:innen können dir Schutz geben, solltest du dissoziieren
Austausch mit anderen Betroffenen über deine Erfahrungen
Auch "Skills" können dir weiterhelfen, um eine Dissoziation zu vermeiden. Diese sind jedoch oft sehr individuell und du musst für dich herausfinden, was dir in welcher Situation am besten hilft. Teilweise kann es auch hilfreich sein, verschiedene Skills nacheinander anzuwenden.
Zuerst guckst du dabei, in welchem Zustand du dich befindest. Du beziehst dich auf deine Stresstoleranz, den Umgang mit Gefühlen und zwischenmenschlichen Fertigkeiten. Danach benutzt du einen passenden Skill, um mit der Situation klarzukommen.
1. Unterteile deine Anspannung in diese 3 Bereiche von 0 bis 100:
niedrig: 0-30 (alles ok)
mittel: 30-70 (starte unbedingt mit Skills)
hoch: 70-100 (Achtung, das kann dein "point of no return" sein. Klar denken und reagieren geht nicht mehr)
2.Skills Vorschläge...
...bei Niedrigstress:
Telefonieren
Freund:innen treffen
Social Media nutzen
Tiere beobachten
Kuscheltier fest drücken
...bei Mittelstress:
Tempo rausnehmen. Alles unternehmen, was dir hilft, dich zu beruhigen, ohne deinem Köper zu schädigen.
Bewusstes Gehen / Schmecken / Riechen / Fühlen und Hören
Augen schließen und bewusstes Atmen. Zähle 1 beim Einatmen und 2 beim Ausatmen und wiederhole das 10 mal
Meditation, wenn du darin bereits geübt bist!
... bei Hochstress:
eine Chilischote kauen
ins Kissen schreien
laute Musik hören
3x Treppe runter und wieder hoch laufen
Kühlpack oder Wärmesalbe auf die Arme
Generell gilt: Alles, was Reize setzt, um dich ins "Hier & Jetzt" zurückzuholen, deine Anspannung reduziert oder dich ablenkt, kann dir helfen, Dissoziationen zu reduzieren und alternative Verhaltensmuster zu erlernen.
Gibt es professionelle Hilfe, die ich aufsuchen kann?
Eine Dissoziation ist eine psychische Erkrankung, die du nicht selbst heilen kannst. Sollten deine Symptome schon über einen längeren Zeitraum anhalten, hat es Sinn, etwas dagegen zu tun. Dissoziationen sind gut behandelbar, nachdem sie offiziell diagnostiziert wurden. Es gibt verschiedene Optionen für dich, die wir hier und auch im Bereich "Hilfsangebote" für dich zusammengefasst haben. Zum einen findest du dort den "Hilfekompass", der dir sagt, in welcher Situation welche Hilfe sinnvoll ist. Du findest aber auch ganz konkrete Anlaufstellen, die du direkt über die App kontaktieren kannst!
Grundsätzlich gibt es für dich folgende Optionen:
Stufe 1: Sprich mit deinen Eltern oder deinen Freund:innen über deine Situation. Wenn du dich ihnen gut anvertrauen kannst, erzähle ihnen, dass es dir schlecht geht und du eventuell unter Dissoziationen leidest.
Stufe 2: Suche ein Beratungsangebote auf. Es gibt viele kostenlose und gute Beratungen, die dir weiterhelfen können. Neben Beratungen in deiner Nähe gibt es auch Online- und Telefonangebote. Alle findest du im Bereich "Hilfsangebote".
Stufe 3: Suche ein:e Ärzt:in auf. Sowohl dein:e Hausärzt:in als auch Psychotherapeut:innen können feststellen, ob es sich bei den Symptomen wirklich um Dissoziationen handelt. Eine vollständige Liste findest du auch im Bereich "Hilfsangebote" (Stufe 3).
Stufe 4: Wenn du über mehrere Monate an Dissoziationen leidest, ein normales Leben nicht mehr möglich ist und du schon die ersten 3 Stufen ausprobiert hast, kommt auch eine (teil-)stationäre Psychiatrie infrage. In diesen speziellen Krankenhäusern wird sich intensiv um dich gekümmert und ein Weg aus der Krankheit erarbeitet.
Wichtig ist nur, dass du dich traust, etwas gegen deine Dissoziationen zu unternehmen. Nur so kannst du auch langfristig wieder gesund werden.
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